Trump ist nun Realität – Was tun, Welt?

Die vorletzte Nacht verbrachte ich in einem Zustand der Ungläubigkeit. Die ersten Hochrechnungen aus den USA waren, so empfand ich es, erschreckend. Die ersten beiden ausgezählten Bundesstaaten hatte Trump mit deutlich mehr als 70% der Stimmen gewonnen. Konnte das wahr sein?

Ich bin kein großer Freund von Hillary Clinton, generell von den Clintons. Ich empfand das Verhalten von Bill in der Lewinski-Affäre als eine Unverschämtheit. Nicht, weil er da ne Praktikantinnenzigarre geschmaucht hat, das ist mehr oder weniger seine Privatsache und ging nur ihn, seine Frau und Lewinski etwas an. Nein, sein Verhalten danach empfand ich beschämend. Nicht zu seinen Fehlern zu stehen und knallhart zu lügen, das war für mich ein absolut unwürdiges Verhalten. Die Immobiliengeschäfte der Clintons, das Thema der Stiftungsgründung, all diese Sachen lassen die Clintons als maximal fragwürdig für das Präsidialamt erscheinen.

Clintons eMail-Affäre hingegen war für mich völlig aufgebauscht. Come on, sie hat einen privaten Mailserver benutzt? Das mag fahrlässig gewesen sein, aber doch keine Straftat. Da hat höchstens ihr Stab und ihr Sicherheitschef versagt.

Trump hatte ja nun auch mehr als genug auf dem Kerbholz: Diverse Pleiten hingelegt, Sexskandälchen und sein merkwürdiges Verständnis von Steuerzahlungen bietet auch einiges an Konfliktpotential.

Ich halte also beide Kandidaten für eher suboptimal. Aber bei Trump kam halt noch sein Verhalten im Wahlkampf hinzu: Seine sexistischen Sprüche, seine Islamophobie, noch viel schlimmer seine generelle Xenophobie. Ich finde es schon unerträgliche, solche Menschen in meinem Umfeld zu haben. Nun wird ein solcher Mensch der „mächtigste“ Mann der Welt? Das ist schon Alles ganz schön surreal, was der Trump da so abliefert, oder?

Gut, so mancher hier wird aufjubeln, da Trump schon im Wahlkampf gesagt hat, das es TTIP mit ihm nicht geben wird. Da habe ich in der Tat keine fundierte Meinung zu, das mag ein Vorteil der Wahl von Trump zum Präsidenten sein. Das Trump aber auch den Klimavertrag aufkündigen möchte, weil die Klimaerwärmung ja ein Hirngespinst ist, das macht mir ein wenig Angst.

Ich mein, dass die AfD-Oberen die Klimaerwärmung leugnen (und dafür lustige Schaubilder verwenden), daran habe ich mich gewöhnt. Aber hat Trump keine Berater, die ihm auch mal sagen, wann er lieber die Klappe zuhalten hat?

Sorgen macht mir die Nähe Trumps zu Leuten wie Putin oder Erdogan. Da bildet sich eine Troika, die Europa gegenüber nicht gerade positiv gestimmt ist. Trump könnte sich aus dem Syrienkonflikt zurückziehen wollen. Dadurch könnte Putin freier agieren, Erdogan würde seine Pläne in der Region ebenfalls vorantreiben und Assad wäre der lachende Vierte.

Wieso konnte Trump gewinnen?

Erklärungsversuche, warum Trump entgegen aller Prognosen am Ende doch gewonnen hat, laufen meiner Meinung nach ins Leere. Klar, man ist schnell bei der Hand mit Scheinargumenten wie dem Bildungsstand der Amis etc.pp. Aber dies ist halt auch in vielen, sogar den allermeisten Fällen, einfach nur ein Klischee. Trump sprach die Leute an, die sich vergessen geglaubt haben. Sein Versprechen, das jeder Amerikaner sein Potential wird entfalten können, hat einfach gezogen. Denn, machen wir uns nichts vor, jeder Mensch denkt, dass er von seiner Veranlagung her, weit besser dastehen müsste, oder? Die weiße männliche Mittelschicht wollte nach 8 Jahren mit einem schwarzen Präsidenten nun nicht direkt eine Frau als Präsidentin haben. Das wäre to much gewesen.

Trump ist der Wunschkandidat der NRA, einem Lobbyverband, der erschreckend viel Einfluss in den USA hat.

Es gab viele gute Gründe, die für einen Sieg von Trump standen.

Haben wir uns alle blenden lassen, weil wir dachten, dass niemand einen xenophoben, frauenfeindlichen Immobilienmogul mit (gerüchteten) Mafiaverbindungen zu Präsidenten wählt?

Ich glaube, ich gehe dazu über, nichts mehr für unwahrscheinlich zu halten. Hätte man mir vor 5 Jahren erzählt, das mitten in Europa ein Land einfach ungestraft den Teil eines anderen Landes annektiert, das die Türkei nach Atatürk Geschichte ist und das in Deutschland eine offen rechtpopulistische Partei bis zu 20% der Stimmen bekommt, ich hätte euch allen den Vogel gezeigt.

Mir bereitet es Sorge, wie ungenau inzwischen Wahlprognosen geworden sind: Die Stärke der AfD, das Zustandekommen des Brexit, die Wahl von Trump, alles Ereignisse, die die Meinungsforscher so in der Breite nicht für möglich gehalten haben.

Außerdem müssen wir festhalten: Es ist leicht, heute von Deutschland aus mit dem Finger auf die Amis zu zeigen und sie für geistig minderbemittelt zu halten, weil sie Trump gewählt haben.

Wir Deutschen haben auch schon mal ganz schön danebengelegen mit unserer Wahl. Viel Wichtiger ist jedoch, dass wir im kommenden Jahr bei unserer eigenen Wahl nicht danebenliegen. Denn inzwischen halte ich Vieles für möglich und wenig macht mir mehr Angst, als eine Regierung unter der Beteiligung der AfD.

Wir sehen stürmischen Zeiten entgegen, die Front National könnte in Frankreich an die Macht gelangen, die AfD ist das Gespenst, das PEGIDA gerufen hat und Putin lacht sich ins Fäustchen.

P.S.

Wird die Welt nun untergehen, weil Trump an der Macht ist? Nein, das denke ich nicht, ich denke, es wird halb so schlimm werden, als wir es uns nun gerade alle ausmalen. Aber weiß man es? Nein! Es liegen also nicht nur stürmische, sondern auch spannende Zeiten vor uns. Allerdings hab ich Spannung lieber bei einer guten TV-Serie, weniger im Real Life …

Trump vs. Underwood