Wie die deutsche Version eines Spiels entsteht Pt. 2

Im ersten Teil ging es in der Hauptsache darum, welche Fragen man sich stellt, wenn man überlegt die deutsche Version eines fremdsprachigen Brettspiels zu produzieren. Heute gehen wir weiter im Thema:

 

Es fällt eine Entscheidung pro deutsche Version:

 

Wenn man sich nun sicher ist, das man eine deutsche Version des Spiels machen möchte und die Verträge unter Dach und Fach sind (Was eine GANZ andere Geschichte sein kann), wartet man auf die Daten. Also Anleitung, Karten, Spielpläne etc.pp. Je nach Partnerverlag kann das eine echte Tortur werden. Während der eine Verlag sehr professionell die Daten schnell übermittelt (So sie denn schon fertig sind), ziert sich der andere Verlag und will am liebsten gar nichts rausrücken, bevor die Originalversion nicht schon mindestens 12 Monate auf dem Markt ist (übertrieben ausgedrückt). Damit ist aber noch nichts über den zustand der Daten gesagt. Ideal sind sogenannte „offene“ Dateien, in einem Format, das man verlagsintern bearbeiten kann, man kann also direkt im Projekt die deutschen Texte einpflegen etc.pp. Worst Case Szenario ist dann, wenn man low-res PDFs bekommt, die dann auch noch für die Bearbeitung gesperrt sind. Da macht das Arbeiten gleich doppelt Spaß

 

Ah, halt, wir brauchen auch Inhalte für eine deutsche Version!

 

Seinen wir mal ehrlich: Die besten Dateien bringen gar nichts, wenn man nichts hat, was man da einfügen kann, nennen wir es mal deutschen Text *g*.

Verlage arbeiten im Regelfall mit (freien)Übersetzerteams zusammen. Es gibt meist einen, der den Text übersetzt und dann mehrere, die Korrektur lesen. Öfters! Das bedeutet mehrfach! Beispielsweise übersetzt Person A das Regelheft. Vorzugweise nimmt man Leute, die man kennt und vor allem, die den Kontext des Spieles kennen. Jemand, der ein ganz toller Übersetzer für Conanspiele ist, weil er Robert E. Howard zu seinem persönlichem Literaturpapst erklärt hat, muss nicht zwangsläufig geeignet sein, auch Spiele im Star Trek Universum zu bearbeiten. Die Personen B, C und D lesen dann Korrektur und melden ihre Vorschläge an den zuständigen Redakteur, der diese einpflegt (oder auch nicht, wenn Gründe dagegen sprechen). Dann folgt eine zweite, eine dritte und vielleicht noch eine vierte Korrekturrunde.

 

Was geschieht mit den Daten für die deutsche Version?

 

Im Regelfall gibt es eine Deadline, bis wann die Daten abgegeben werden müssen. Das liegt schlicht daran, dass man in der Produktion möglichst viele Spiele auf einmal produzieren möchte, man daher versucht, viele internationale Partner zusammen zu bekommen. Denn: Je mehr Spiele, desto geringer die Kosten. Verpasst man diese Deadline, gibt es zwei Möglichkeiten: Man ist für diesen Printrun raus (Was das Spiel für alle teurer macht … so macht man sich Freunde!) oder die Produktion verzögert sich. Gar nicht so einfach, denn Spieledruckereien sind im Regelfall eher über- als Unterbucht, ergo muss man wieder auf einen neuen Fabrikationsslot warten. Aus Kostengründen wartet man dann halt auf die Trödelhasen.

 

Alles wurde getan für die deutsche Version. Was nun?

 

In erster Linie warten! Es gibt kaum noch die Chance, in Deutschland zu produzieren, das europäische Ausland bietet zwar Möglichkeiten, aber viele, gerade aufwendigere Spiele, werden in China gefertigt. Das geht sogar relativ fix, die sind da Vollprofis, jedenfalls schimmeln die Aufträge da nicht gerade wochenlang rum. Aber dann geht die Warterei so richtig los.

 

Sonderfall:

 

Wenn es sich um ein sensitives Lizenzprodukt handelt, nehmen wir mal Star Wars als Beispiel, dann will der Lizenzgeber das fertige Produkt sehen, bevor es verkauft werden darf. Das nennt man approven und wenn man Pech hat, kann man die Produktion direkt wieder einstampfen. Macht keiner so gerne, daher achtet man schon akribisch darauf, sich an die Vorgaben zu halten. Wenn der Lizenzgeber sagt, ein Raumschiff muss Kaffeetasse heißen, dann nennt man es nicht Hot Shot wie im englischen Original, sondern halt Kaffeetasse. Da hilft es auch nicht viel, wenn Lego sein Modell des Schiffes als Hot Shot verlauft. Lego überweißt nun mal im Jahr ein paar Millionen Lizenzgebühren, der Spielehesteller ein paar Tausender. Wir raten mal, wer von Beiden sich eher etwas rausnehmen darf? Danke für eure Aufmerksamkeit.

 

Den ersten Teil der Artikelserie Wie die deutsche Version eines Spiels entsteht findet ihr HIER

Den dritten Teil der Artikelserie Wie die deutsche Version eines Spiels entsteht findet ihr HIER


4 Responses to Wie die deutsche Version eines Spiels entsteht Pt. 2

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  3. „Es gibt kaum noch die Chance, in Deutschland zu produzieren“
    Warum? Es gibt doch auch deutsche Produzenten. Diese Aussage kann ich daher so nicht nachvollziehen. MfG

    • Avatar Tequila
      Tequila says:

      Für typische Brettspiele, die in der Hauptsache Pappteile und Standardpöppel nutzen, gebe ich dir recht. Sobald man aber in den Bereich der Miniaturenspiele kommt, wird es eng, bei internationalen Kooperationen ist es dann ganz vorbei. Selbst wenn man die Preisdiskussion hier vollkommen außen vor lässt.