Wie die deutsche Version eines Spiels entsteht Pt. 3

Willkommen zum dritten und letztem Teil meiner Artikelserie, in der ich euch erkläre, was alles zu beachten ist, wenn ein Verlag die deutsche Version eines Brettspiels produzieren möchte.

In den ersten beiden Teilen haben wir über die Gedanken im Vorfeld und die Punkte während des Übersetzungsprozesses für eine deutsche Version gesprochen. Heute geht es darum, das fertige Spiel nach Deutschland zu bringen, ein Weg, der mit einigen Stolperfallen gespickt ist.

 

Wie kommt die deutsche Version nach Deutschland?

 

Wir gehen jetzt mal von einer Multinationalen Koproduktion in China aus, bei der unter anderem auch die deutsche Version hergestellt wird. Diese kommt per Containerschiff nach Deutschland. Einige werden sich nun fragen: Wenn die Spiele alle zusammen produziert werden, warum kommt dann die deutsche Version oft einige Wochen nach der US-Version in die Läden?

 

Das kann mehrere Gründe haben. Zuallererst mal ist es nicht ungewöhnlich, das der erste Printrun komplett auf englisch erfolgt, also gar keine übersetzte Versionen produziert werden.

Dann muss man bedenken, dass der Containerseeweg von China nach Europa wesentlich länger dauert, als von China in die USA. Das sind mehr als 2 Wochen, die man da einspart.

 

Kommen wir zum Platzproblem: Für den englischsprachigen Markt werden Stückzahlen produziert, die locker einen Container ausfüllen. Fremdsprachige Versionen aber eben nicht unbedingt. Das bedeutet aber, das die deutsche Version eben nicht unbedingt einen kompletten Container ausfüllt. Einen Container aber nur halbvoll versenden, würde die deutsche Version signifikant verteuern, was nicht im Sinne der Kunden ist.

 

Ergo muss man oft noch ein wenig abwarten, bis ein oder zwei Spiele mehr fertig sind, die man dann zusammen verschifft. In so einen (üblichen) 40ft Container passen halt shcon viele Spiele rein.

 

Der reine Seeweg von China nach Deutschland sind übrigens relativ genau 6 Wochen, dazu kommt zuerst mal die Zeit, die die Ware von der Fabrik zum Hafen benötigt. Als deutscher Verlag erfährt man aber nicht genau, wie lang das dauert. Von dem Moment an, wo die deutsche Version die Fabrik verlässt, bis zu dem Augenblick, in dem das Containerschiff internationale Gewässer erreicht, erfährt der Verlag nichts. Das ist eine einzige, große Black Box. Erst in den internationalen Gewässern beginnt das Tracking zu funktionieren.

 

In dem Moment erfährt der Verlag, wann der Container im Hafen ankommt (Im Regelfall Hamburg, seltener Rotterdam). In dem Moment beginnt die nächste, kleinere Black Box. Der Container muss nämlich zum einen durch den Zoll (kann zwischen 1 und 5 Tagen dauern, bei sensiblen Themen (Star*hust*Wars z.B.) auch gerne mal länger, weil man eine Genehmigung beibringen muss, dass man wirklich offizieller Lizenznehmer ist. Ja, immer wieder aufs Neue! Besonders doof, wenn man eben nicht direkt Lizenznehmer ist, sondern Sublizenznehmer! Da gehen auch schon mal 1-3 Tage für verloren.

Dann braucht es einen Termin bei der Deutschen Bahn, die den Container in Richtung Verlag bewegt und einen Termin bei der Spedition, die den Container dann per Sattelschlepper beim Verlag abliefert. Steht der Container mit der deutschen Version auf dem Hof, wird innerhalb von 2-3 Stunden entladen und die Ware kann, wenn der Originalverlag den Verkauf freigegeben hat, in den Versand gehen.

Warum sind in der deutschen Version oftmals „Fehler“ drin?

 

Eine „beliebte“, aber oft einfach falsch gestellte Frage. Man muss hier zwei Fälle gesondert betrachten.

  1. Es gibt einen Parallelrelease für die deutsche Version

Während noch an der Originalversion gearbeitet wird, werkeln die internationalen Partner bereits an ihren Sprachfassungen. Gar nicht so selten kommt es dann vor, dass in der Originalversion noch etwas geändert wird (Aus Balancinggründen oder ähnlichem), man aber vergisst, den Partnern Bescheid zu sagen. Diese arbeiten dann mit einer veralteten Version. Ein Fehler, der im Original ausgebügelt wurde, bleibt in der deutschen Version dann z.B. erhalten.

 

  1. Die internationalen Fassungen bekommen einen späteren Printrun

Wenn die internationalen Fassungen erst später produziert werden, existieren oft schon FAQs oder Updates zu den ursprünglichen Versionen. Diese versucht man dann natürlich, in die deutsche Version bereits mit einfließen zu lassen. Der vermeintliche Fehler ist dann natürlich keiner, sondern eher das Gegenteil: Eine Fehlerbereinigung, die in der nächsten Originalauflage auch auf diese Art & Weise behoben sein wird. In diesen Fällen bietet die deutsche Version einen echten Mehrwert und das kommt auch gar nicht so selten vor.

 

  1. Na, ok, es gibt noch einen dritten Fall

Ab und an ist es wirklich so, dass trotz mehrfachem Lektorat und Korrektorat Fehler durchhuschen. Das ist immer besonders ärgerlich und niemand freut sich darüber. Aber, wo gearbeitet wird, passieren nun mal Fehler.

 

 

So, ich hoffe, ich konnte euch mit meiner kleinen Artikelserie einen Eindruck geben, wie eine internationale Übersee Koproduktion abläuft und welche Faktoren alle eine Rolle spielen, wenn ein Verlag sich entschliesst, von einem Spiel eine deutsche Version anzubieten.

Den ersten Teil dieser Artikelserie findet ihr HIER

Den zweiten Teil dieser Artikelserie findet ihr HIER

Wenn es euch gefallen hat, lasst mir einen Kommentar da, zu welchem Thema euch ähnliche Artikel interessieren, dann schau ich mal, ob ich was dazu schreiben kann.


2 Responses to Wie die deutsche Version eines Spiels entsteht Pt. 3

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