Chainsaw Warrior

1987…die Welt war noch ein besserer Platz…Ich war jung, ich hatte unendlich viel Zeit und Games Workshop hat noch großartige Spiele veröffentlicht. (Den Begriff Großartig bitte ich hier als „blutrünstig, brutal und vor sinnloser Gewalt strotzend“ zu lesen)

Eins dieser großartigen Spiele war Chainsaw Warrior, ein Brettspiel, welches, zumindest für mich damals, ein absolutes Novum darstellte: Es war allein spielbar und zwar nur allein! (Das es im CoSim Bereich sowas öfters gab, war mir damals noch nicht klar, hey, ich hatte gerade Battletech für mich entdeckt!)

Aber, zu der Zeit war es gar nicht so einfach, an solche Spiele überhaupt ran zu kommen. Entweder man fuhr selber nach England um das Spiel zu kaufen oder hatte einen Kumpel, der mal dorthin fuhr und einem das Spiel mit brachte. Natürlich gab es auch damals schon einige wenige Spezialläden, die Importspiele führten, aber in den Zeiten vor dem Euro kam das einem Häuserbau fast schon gleich, zumindest, was den finanziellen Aufwand anging. Internet und so war alles noch militärische Ressource, Mailboxen waren das höchste der Gefühle!

Glücklich konnte sich schätzen, wer einen Freundeskreis hatte, der die gleichen Hobbies pflegte, so musste sich nur einer aus der Clique ein Spiel kaufen und alle hatten somit Zugriff. So gestalteten sich auch meine Erfahrungen mit Chainsaw Warrior. Nie selber besessen, aber öfter mal ausgeliehen und, so  möchte ich erwähnen: Nie geschafft. Meine Fresse, kann ein Spiel bockschwer sein.

Aber Zeiten ändern sich und Cliquen brechen auseinander und so könnte ich nun über 20 Jahre lang dieses  frustrierende Erlebnis nicht mehr wiederholen. Warum ich mich so gerne selber geissel? Naja, weil das Spiel dennoch einfach Laune macht!

Du bist der Chainsaw Warrior und deine Aufgabe ist es, ein Hochhaus in New York zu retten. Dazu hast Du gerade mal 60 Minuten Zeit und wenn Du es nicht schaffst, dann ist New York verloren, da ansonsten The Darkness New York anheim fällt.

Machen wir uns nichts vor: Das Spielmaterial ist usselig (Die Karten würde jeder Indie-Game Hersteller heutzutage um die Ohren geschlagen bekommen), das Spielprinzip wird heutigen Ansprüchen kaum noch gerecht (Machen wir uns nicht vor, was 1987 komplett für Chainsaw Warrior reichte, ist heute rein Umfangmäßig nur für Teilaspekte eines komplexeren Brettspiels geeignet) und im Großen und Ganzen ist das Spiel nicht gerade in Würde gealtert.

Und dennoch: Als ich dieses Jahr über den FeenCon schlenderte und an einem Stand die altbekannte Box liegen sah, überkam mich das Gefühl der Gier…Nur selten konnte ich das Spiel z.B: auf eBay erspähen und entweder hatte ich dann gerade kein Geld über oder es entschwand in Regionen jenseits der 50€, was so meine persönliche Schmerzgrenze für dieses Spiel war.

Hmmm, der Stand wurde „bewacht“ von Moritz Mehlem, vielen Leuten als strahlende Lichtgestalt der deutsche Rollenspielszene bekannt (Sein Seifenkistenblog ist nur zu empfehlen) und da kann ja mal Fragen nichts kosten. Fünfzig Euro sagt der mir *dingdingding* und freudestrahlend schnapp ich mir das Spiel und geb ihm einen 50er in die Hand. Noch kurz gequatscht und Moritz drückt mir 35€ zurück in die Flosse. Ich sollte dringend mal zum Ohrenarzt, denn der gute Mann hatte nur 15€ für das Spiel aufgerufen…na da brat mir doch einer einen Storch…

Da liegt es nun vor mir und ich weiß, ich werde es wieder nicht schaffen und ich werde fluchen und ich werde es frustriert in die Ecke stellen und ich werde es nach 4 Wochen wieder nehmen und wieder spielen und wieder und wieder und wieder…

Es ist immer noch total geil, eben weil es total bräsig ist. Ich gebe zu, man muss es vermutlich damals kennen gelernt haben, um es wirklich zu mögen, aber dann ist dies in der Tat gar kein Problem.

Erwähnte ich schon: Das Spielmaterial spottet jeder Beschreibung, sowohl qualitativ, als auch quantitativ. Die Karten sind labberig dünn und die grafische Gestaltung noch nicht der Overkill, den Games Workshop in den späteren Jahren aufgefahren hat. Bis auf das Cover natürlich, das unweigerlich Erinnerungen an Duke Nukem erweckt. Yeah, Blood and Gore – need no more!

Ihr wollt mehr über das Spiel wissen? Na gut:

Man hat 60 Minuten (gleich 60 Züge) Zeit, das Hochhaus zu untersuchen und „The Darkness“ aufzuspüren. Hat man dies geschafft, wendet man die Lanze des Lichtes an, um die Dunkelheit zu vertreiben…boah ey, voll heroisch und so!

Dazu dreht man eine Karte um und stellt fest, was diese darstellt: Das kann ein leerer Raum sein, eine Falle oder ein Gegner. Darauf reagiert man dann halt und es geht weiter im Spiel. Jede Karte ist ein Zug. Fallen kosten Zeit, Gegner können Zeit und/oder Leben kosten und da die Raumkarten auf zwei Stapel aufgeteilt werden, „The Darkness“ in den zweiten Stapel eingemischt wird und man den zweiten Stapel erst anfängt, wenn der erste Stapel aufgebraucht wird, steht man von Anfang an unter Zeitdruck!

Das Spielbrett hier ist, wenn man mal ehrlich ist, komplett unnötig. Die größten Raum nimmt das Trackmeter ein, welches die Restzeit anzeigt. Der Rest wird von Kartenstapeln und Kurzregeln in Anspruch genommen, ein kleiner Bereich ist dafür da, seine eigenen Kampfwerte darzustellen.

Alles in allem könnte man das Spiel heute vermutlich für unter 15€ in die Läden wuchten, wenn man das Ganze ein wenig sinniger angeht. Mehr ist das Spiel auch, unter heutigen Gesichtspunkten, einfach nicht wert, wenn, ja, wenn da nicht der Nostalgiefaktor wäre…Jedenfalls: Glaubt ja nicht, das ich dieses Kleinod jemals wieder her gebe! Das ist und bleibt nun MEINS!

Hmmm, wie sieht das eigentlich mir Rechten an Spielmechanismen aus? Das Ding würde sich perfekt als Umsetzung für ein Browserspiel eignen…Wenn ich nur gut genug sowas programmieren könnte…OK, wenn ich mal im Lotto gewinne, beauftrage ich damit Profis, wie z.B. das Core Design Studio Berlin oder jemand anderes…Chainsaw Warrior als Flashgame…*träum*