Red Light – A Star is Porn Rezension

Wer dieses Jahr auf der SPIEL in Essen war und dort durch die Hallen gestreift ist, hatte recht große Chancen, auf den Stand von Intrafin zu treffen, Enigma ist eigentlich ein Distributor, bot auf der Messe allerdings Freak & Chic Unterschlupf. Dieser kleine Verlag hatte eins der meist diskutierten Spiele der Messe im Angebot: Red Light – A Star is Porn!
Allein die Pre-Headline „Pornhub Präsentiert“ sorgte bei vielen Besuchern schon für reges Interesse. Pornhub scheint also eine recht bekannte Institution in der Spielebranche zu sein, allerdings hatte ich vorher noch nie davon gehört. Meine dahingehenden Recherchen waren allerdings von wenig Erfolg gekrönt. Viel mehr als Nackte Frauen und merkwürdige Viren konnte ich nicht finden.

Worum geht es in Red Light?

Kurz gesagt: Es geht darum, Pornofilme zu drehen und das erfolgreichste Filmstudio zu werden. Dies geschieht hier mithilfe diverser Spielkarten. Was nicht verwundert, immerhin handelt es sich bei Red Light ja auch um ein Kartenspiel. Hierzu nutzt man seine Handkarten, welche entweder einen (künftigen) Pornostar darstellen oder diverse Events. Seine Pornostars können dann diverse Filme drehen oder andere Aktionen durchführen. Die Eventkarten bringen dann Salz in die Suppe oder auch „Tinte auf den Füller“.

Man erkennt nicht, welcher Film als nächstes gedreht werden darf, nur der notwendige Ruhm dafür ist ersichtlich. Man muss nun genügend Stars einsetzen, um diesen Ruhm zu erreichen und dann kann den Film einem beteiligten Sternchen zuordnen. Filme erhöhen dann den „Wert“ des Hauptstars (mehr Ruhm, mehr Charisma, mehr Nervfaktor).

Auszeichnungen kann man sich ebenfalls mit Ruhm erkaufen, je mehr Auszeichnungen man hat, desto mehr Ruhm ist für die nächste Auszeichnung nötig. Aber diese Auszeichnungen haben noch eine Doppelfunktion: Sie dienen ebenfalls als besonders mächtige Eventkarten. Doch wenn man diese nutzt, die die Auszeichnung auch wieder futsch. Man muss also klar abwägen, ob einem der Preis das wert ist.

Sobald ein Studio vier Auszeichnungen erhalten hat, endet das Spiel und der Sieger steht fest. Dies ist im Regelfall nach 40-60 Minuten der Fall, also spielerisch eher ein Quickie. Passt also zum Thema, welches Red Light bedient.

Die Ausstattung von Red Light

Red Light ist ein reines Kartenspiel, welches natürlich von seinen Illustrationen lebt. Hier punktet Red Light mit einem absoluten Schwergewicht der erotischen Comicszene: Milo Manara! Comic-Liebhaber verehren vor allem deine Werke „Der Affenkönig“ und „Außer Kontrolle“, zwei Werke, die zu den Klassikern der (erotischen) Comickunst gehören. Milo Manaras Artworks zieren die Karten der Pornosternchen und sind von zeitloser Eleganz und zeugen von seinem außerordentlichen Talent.

Die restlichen Artworks stammen von Marco Albiero, der Mangaaffinen Fans durch seine Arbeiten an Sailor Moon und Yu-Gi-Oh bekannt sein dürfte.

Die Karten selber haben eine durchschnittliche Qualität, ein Sleeven der karten ist also anzuraten. Das Inlay besteht auf Hartplastik, welches äußerst stabil ist.  Die Anleitung mit 4 Din-A4 Seiten ist übersichtlich, weißt leider einige Lücken auf, bzw. ist in einzelnen Punkten ein wenig ungenau.

Artworks bei Red Light

Taugt Red Light was?

Auf jeden Fall! Wir hatten bei unseren Partien sehr viel Spaß. Es hat eine gewisse taktische Tiefe und Finesse, was man bei einem Spiel, welches Pornos zum Thema hat, nichtunbedingt erwartet. Aber, dass muss man klar sagen, es ist kein Spiel für Jedermann/Frau. Das Thema ist nun mal schlüpfrig und es wird eine Menge Menschen geben, die sich bei dieser Thematik eher unwohl fühlen werden.
Die ist Schade, denn Red Light ist (überraschenderweise) ein richtig gutes Spiel. Auch wenn nichts explizit dargestellt wird, ist das Thema (und der enthaltene Humor) nicht absolut massentauglich. Es wäre aber schade, wenn das Spiel künftig ein Schattendasein auf Junggesellenabschieden fristen müsste. Die Mechanismen taugen durchaus zu höherem und sind gut verzahnt. Die Interaktivität ist auf einem angenehmen Level, man wirft der Konkurrenz gerne Steine in den Weg.

Kritikpunkte an Red Light

Eigentlich haben wir nur einen, allerdings sehr ärgerlichen, Schönheitsfehler gefunden: So erfreulich es ist, dass eine deutsche Version des Spiels existiert, so ärgerlich ist es, das hier im Lektorat geschlampt wurde. So sind die Kartenrücken der Auszeichnungskarten mit dem Wort „Auszeichnungs“ bedruckt. Ein Typo, dass einfach das ästhetische Empfinden von mir schon beeinträchtigt. Weitere kleinere Fehler finden sich immer wieder auf den Kartentexten oder in der Anleitung. Das muss einfach nicht sein und hätte durch ein aufmerksames Endlektorat einfach vermieden werden können. Beeinträchtigt jetzt nicht das spielen selber, ist aber dennoch doof.

Echt jetzt? „Auszeichnungs“?

Der Preis von ca. 20€ wirkt durchaus angemessen, vor allem, wenn man die Menge an verwendetem Artwork berücksichtigt.

Was gefällt besonders an Red Light?

In erster Linie natürlich, dass es ein gutes Spiel ist, welches einfach funktioniert. Die Pornosternchen sind generisch, decken aber viele Archetypen ab, die man so in dieser Branche vermutet. So findet sich neben der Herrin, dem Luder und der Krankenschwester auch ein Showgirl und eine Amateurin im Portfolio.

Die Filmtitel erinnern an diverse Klassiker, die dem Genre des Spiels angepasst wurden. Da macht das heitere Titelraten noch mal extra Spaß.

Auch die Eventkarten weisen einen gewissen, leicht schlüpfrigen Humor auf.

Für wen eignet sich Red Light?

Red Light ist für jeden geeignet, der sind vom Pornothema nicht komplett abgestoßen fühlt. Die erwähnten Junggesellenabschiede sind natürlich schon mal Anhaltspunkt, aber auch in einer normalen Spielrunde kann das Spiel Anklang finden. Allzu kontroverse Themen werden ausgespart, man sieht Alles mit einem Augenzwinkern. Alterstechnisch würde ich schon 16+ sagen. Es ist nun mal ein erotisches Thema, da haben Kinder nichts zu suchen. Es ist aber kein Hardcore, die durchschnittliche HBO-Serie zeigt da deutlich mehr nackte Haut. Nicht jede Karte darf man auf Facebook zeigen, da der eine oder andere Nippel zu sehen ist, aber das war es dann auch schon. Primäre Geschlechtsorgane bleiben außen vor. Dennoch empfiehlt der Verlag selber 18+

Viele Leute werden Red Light wohl als Gag kaufen und verschenken. Das Spiel wird dann giggelnd ausgepackt und verschwindet als Gag dann in der Schublade. Das wäre schade, denn, wie bereits mehrfach erwähnt, macht es einfach Spaß.

Fazit:

Red Light kann, eine passende Spielgruppe vorausgesetzt, eine Bereicherung der Spielesammlung darstellen. In Zeiten von NSFW-Erweiterungen bei Einhorn- oder Katzenspielen hoffe ich mal, dass die Spielerschaft sich des Themas annehmen mag. Eventuell sollte der Verlag überlegen, den Mechanismus mit anderen, weniger umstrittenen Themen zu verkuppeln. Das Ganze könnte auch z.B. mit einem Gangster-Rap Thema funktionieren. Was es über den Zustand unserer Welt aussagt, das Gangster-Rapper moralisch eher vertretbar als Sexfilmdarsteller sind, möchte ich hier jedoch nicht erörtern 😉

Was allerdings aber nun gar nicht sein muss: Das man von der Website des Spiels über einen Direktlink direkt auf Pornhub kommt. Sorry, gut möglich, dass dies Teil des Werbedeals ist, aber das ist echt daneben!