Tequilas Welt

Zukar (einer meiner ältesten Gastschreiber) hat sich auf der SPIEL in Essen mit der Neuheit Leaders – a combined Game eingedeckt und kredenzt uns seine Meinung zum Spiel:

Leaders – A combined Game hab ich in Essen in so einigen Einkaufstüten gesehen,

Grund genug, sich damit näher zu Beschäftigen.

Leaders ist ein Spiel, dass das klassische Brettspiel mit einer App (am besten auf Tablett) verbindet.

Auf den ersten Blick sieht es aus wie Risiko, später erkennt man teilweise schön und äußerst sinnig untergebrachte Elemente von Diplomacy und Axis & Allies.

Das Material in der Leaders Schachtel:

Hochwertig. Absolut. Plastikfiguren, individuelle Würfel, sehr stabile Pappboards mit eingestanzten Löchern, damit die Holz-Markerwürfel nicht verrutschen (Das will ich für Eclipse!).

Die App von Leaders:

wird per Code freigeschaltet (dürfte damit den Wiederverkauf des Spieles erschweren) und muß momentan noch beim Spiel eine Internetverbindung haben (an der Offline-Version wird aber bereits gearbeitet, wie man uns sofort mitteilte). Grafisch hübsch, an den richtigen Stellen informativ. Teilweise.

Leider sind momentan noch nicht alle in der Anleitung erwähnten Features nutzbar (das Spiel klappt 100%, nur z.B. das Schnellauswahlmenü ist noch nicht vorhanden (oder aber nicht idiotensicher hinterlegt, ich habe es jedenfalls nicht gefunden), auch gibt es noch keine Szenarien (entsprechende Pappmarker sind aber schon beim Spielmaterial vorhanden).

Eine App – Nicht unbedingt neu, ging bis jetzt aber meistens in die Hose, die rühmliche Ausnahme siehe meine Ausführungen zu XCom

Die Kurz-Spielanleitung von Leaders:

Reduziert auf das wesentliche, reicht um zu spielen. Um das Spiel aber richtig zu verstehen, fehlt hier noch einiges. Auch ist momentan auf der Internetseite kein komplettes Regelwerk als pdf verfügbar.

Ja, wir leben im elektronischen Zeitalter, aber da die App nicht alles erklärt, möchte ich dann schon vernünftige Regeln.

So gibt einem z.B. eine bestimmte Entwicklung 10% auf die Erfolgswahrscheinlichkeit der Spione. Präzise Angabe. Dumm nur, dass man nicht erfährt, wie die generelle Grundwahrscheinlichkeit ist.

2%, 50% oder mehr so: 1-4 auf einem 6seitigen Würfel?

Für Gelegenheitsspieler mag es reichen, für mich nicht.

Die Anmerkung eines meiner Mittesters (ich weigere mich, von Mitspielern zu reden), dass steuere doch die App, da brauche ich mich nicht drum kümmern fand ich dann, genau wie die Aussage der Anleitung „Wenn man Pech hat, nimmt der gegnerische Spieler den Spion gefangen“ eher unbefriedigend.

Zugute halten muß man, und das wird auch ganz offen kommuniziert:

Anmerkung auf der Homepage des Verlages:

Bei dieser Spielanleitung handelt es sich um eine Erstfassung. In den nächsten Wochenwerden wir diese noch ständig erweitern und ergänzen! Insbesondere Beispiel-Grafiken und Video-Tutorials werden in der nächsten Zeit noch hinzugefügt.

Klar musste man den Termin in Essen schaffen, aber für mich ist damit ganz klar: jeder Spieler ist momentan Beta-Tester. Und bei einem Vollpreisspiel muss man das nicht haben.

Drücken wir es aber mal positiv aus: eine kleine Firma mit Potenzial hört noch auf die Reaktionen ihrer Spieler. Hoffe ich.

Zum Spiel oder was ich als Verbesserung im Vergleich von Leaders zum Ur-Risiko empfinde:

Die Karte ist neu aufgegliedert, so ist es z.B. nicht mehr möglich, sich in Australien einzuigeln. Auch werden durch Seeweg-Felder (die einem im Endeffekt eine Runde kosten) die Angriffe taktischer und man hat mehr Möglichkeiten zu reagieren.

Leider sind die Verbindungen teilweise grafisch bei schlechterem Licht nicht unbedingt zu erkennen.

Auch hätte man auf den Namen verzichten können, bzw. einfach besser die Punkte AUF die Länder drucken sollen. Problematisch, da diese Zahlen auch die maximale Truppenstärke pro Land angeben (spielerisch/taktisch zwar genial), bloß man versieht sich leider sehr schnell.

Die Einheiten, aufgegliedert in Infanterie, Panzer und Flugzeuge haben nicht nur spielerzahlabhängige Kosten (wird auch nicht in der Anleitung erwähnt), sondern auch jeweils andere Würfel. (Infanterie 50% Trefferwahrscheinlichkeit, Panzer 66%, Flugzeuge 66% + 16% Möglichkeit einen Doppeltreffer zu erreichen). Zusätzlich kann dieses durch das erforschen von Entwicklungen noch modifiziert werden.

Einheiten werden erst eine Runde nach dem Kauf aktiv, somit kann wieder jeder entsprechend auf die Bedrohung reagieren.

Bi den Regeln wurden jeweils kleine Details gegenüber Risiko geändert, die aber allesamt eine deutliche Verbesserung darstellen.

Es gibt im Grundspiel (Szenarien sind noch nicht erhältlich) 3 verschiedene Gewinnmöglichkeiten: Militärischer Sieg (genug Länder erobern), 7 Missionen (Spioniere innerhalb der nächsten 3 Runden erfolgreich etc.) oder alle 9 Forschungsbereiche abschließt. Hierbei kann und sollte man aber nicht zu sehr eingleisig fahren.

Das Spiel an sich: Risiko halt.

Ergänzt um offene Aktionen auf der App (Eingabe der Punkte). Und hier gleich ein weiterer Kritikpunkt: So werden alle Punkte (Länder + Kontinente), sowie die benötigte Siegpunktzahl offen am Brett per Marker angezeigt. Bei Verlust eines Landes muß man hier per Hand abziehen bzw. addieren. Das ist genau der Punkt, wo ich mich frage, warum man eine elektronische App hat?

Verwaltung von Punkten per Hand?

(Zumal ich und meine Mittester uns öfter verrechnet haben, warum dann manche auf ihren Smartphones den Taschenrechner bemühten) Das sollte die grundlegende Funktion der App sein!

Weiter geht’s mit verdeckten Punkten wie z.B. Bündnisse.

Dafür hat man früher mit seinen Mitspielern den Raum verlassen und man hat schwer verschiedenste Vertragsbedingungen ausgehandelt. Heute starrt eine Person 5 Minuten auf eine App ohne Kommunikation zu seinen Mitspielern. Ob das wirklich besser ist, sei dahingestellt.

Momentan erhältliche Erweiterungen:

(und ein Punkt, den meine Mittester teilweise schlicht als Wucher bezeichneten)

Einzelne neue Leader-Karten, jeweils mit einer neuen Spezialfertigkeit (mit Code freischaltbar und grafisch und regeltechnisch dann voll in der App integriert). Preis pro Stück grob. 10 €. Es gibt preiswertere – aber immer noch nicht günstig – Bundels.

Spielerisch ganz nett, für den Preis schlichtweg eine Frechheit.

Klar muss die Entwicklung und der Support der App bezahlt werden, aber der Preis ist dann doch etwas hochgegriffen. Hier sollte z.B. mit 2-3 speziellen Szenarien die bei der Registrierung der Leader-Karte einhergehen nachgeholfen werden. Dringend.

Das Fazit muss ich dann in 3 Kategorien aufteilen:

Risiko/Gelegenheitsspieler: Die beste Risiko-Variante ever! Mit neuen tollen Features! Kauft das Grundspiel! Die Erweiterungen lieber nicht.

Vielspieler: Nett, hat Potenzial und viel Luft nach oben, da muss aber noch einiges kommen.

Die App ist bei weitem nicht das revolutionäre Element, als das es angekündigt ist, versagt sogar in grundlegenden Dingen…

Die App ist einfach nichts, dass man mit knapp 150 Spielkarten nicht simulieren könnte. Wenn denn eine gescheite Anleitung vorliegen würde.

Persönlich: kommt in 3-6 Monaten definitiv noch mal auf den Tisch, wenn die Entwickler bis dahin genug Feedback eingearbeitet haben.

Bis dahin dürfte aber noch eine normale Risiko-Schlacht auf diesem Brett anstehen und eine Runde Diplomacy und Axis & Allies gespielt worden sein. Was insgesamt dann jeweils mehr Spaß macht.

Leaders ist bei Rudy Games erschienen